Business Analysten werden agil und gehen aufs Ganze

In einem vorherigen Blog-Artikel haben wir betrachtet, wo und wie Business-Analysten in agilen Vorgehensmodellen (z.B. Scrum) zum Einsatz kommen, welche Aufgaben und Aktivitäten sie ausüben. Schauen wir uns das erste von sieben Prinzipien an.

1. Prinzip: Sieh auf das Ganze

Wie sieht das „Big Picture“ aus? Welchen Wert soll die (IT-)Lösung bringen? Welches Problem wird durch die Lösung gelöst? Diese Fragen zu beantworten verhindert, dass sich das (Scrum-)Team in den Iterationen in unnötigen Details verliert oder unreflektiert Anforderungen umsetzt.
Zwei Techniken (Persona und Value Stream Mapping) zur Umsetzung des ersten Prinzips „Sieh auf das Ganze“ sehen wir uns an.

Persona

Insbesondere wenn kein Kunde als direkter Ansprechpartner zur Verfügung steht (z.B. Softwareentwicklung für den Massenmarkt), bietet sich Persona als Technik an: fiktive Personen, denen bestimmte Eigenschaften und Vorlieben zugesprochen werden. Sie repräsentieren jeweils einen typischen Nutzer, der bestimmte Funktionen der Lösung benötigt.
Soll beispielsweise die Bedienung eines Geldautomaten entworfen werden, so könnten drei Personas sein: ein technikerfahrener Jugendlicher (mit Handy im täglichem Gebrauch), ein 35jähriger Angestellter (arbeitet beruflich am PC), eine Rentnerin (lässt sich Geld normalerweise persönlich vom Bankangestellten auszahlen, weil sie wenig Erfahrung mit Automaten hat).
Für jede Persona ist zu bestimmen, welchen Wert die Lösung (also der Geldautomat) erbringt, welche Probleme gelöst werden, wie die Persona mit der Lösung umgeht. Dadurch entsteht eine Vorstellung der (typischen) Personen, die die Lösungen später nutzen werden. Ihre Anforderungen können besser ermittelt werden.
Gibt es Nutzer der Lösung, bei denen Anforderungen direkt ermittelt werden können, sollte diese Chance allerdings genutzt werden. Persona können „echte“ Stakeholder bzw. Kunden nur bedingt ersetzen.

Value Stream Mapping (Wertstromanalyse)

Dieser grafische Darstellung zeigt den Weg von Material und Informationen vom Ausgangspunkt bis zum Kunden, um dem Kunden ein Produkt oder eine Dienstleistung zur Verfügung zu stellen (vgl. Abbildung). Sie bildet damit einen oder mehrere Geschäftsprozesse ab, die beim Kunden starten (z.B. durch eine Bestellung) und beim Kunden enden (z.B. mit Auslieferung der Ware).
Die Value Stream Map kann dabei den Ist-Zustand zeigen oder (nach entsprechenden Verbesserungen) den zukünftigen Soll-Zustand.

Sinnvollerweise erstellen die verschiedenen Beteiligten der Prozesse zusammen die Value Stream Map, indem sie ihre jeweiligen Bearbeitungsschritte beisteuern. Dabei nennen oder schätzen sie auch die benötigten Zeiten und Kosten.
Nachdem der Ist-Zustand dargestellt ist, unterstützt der Business-Analyst die Beteiligten, nicht-wertschöpfende Aktivitäten zu identifizieren (z.B. unnötige Kopien, zu lange Wartezeiten). Daraus entwickelt das Team den Soll-Zustand, der keine Verschwendungen mehr aufweist. Schließlich wird der Soll-Zustand implementiert; dazu ist in der Regel die unterstützende Software (z.B. ein Workflow-System) anzupassen.

Die Wertstromanalyse ist normalerweise allgemein gehalten. Dies bringt den Vorteil, den Überblick zu behalten; nachteilig ist, dass möglicherweise Details fehlen. Wenn diese ergänzt werden, leidet die Übersichtlichkeit. Die Wertstromanalyse kann daher als Einstieg für „Sieh auf das Ganze“ dienen. Details werden dann in Geschäftsprozessen modelliert.

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Auch für die anderen der 7 Prinzipien für erfolgreiche „agile“ Business Analysten gibt es empfehlenswerte Techniken. Diese betrachten wir in weiteren Artikeln:
Drei Prinzipien für das Was? und Warum?

  • In diesem Blog-Artikel: Sieh auf das Ganze (auf Personen, Prozessen und Technologie)
  • Denke wie ein Kunde (und höre auf die Stimme des Kunden mit seinen Werten und Erwartungen); mit den Techniken User Story, Story Decomposition, Story Elaboration, Story Mapping.
  • Bestimme das Wertvolle (entwickle dadurch eine Lösung, die wertvoll und positiv bewertet ist); mit den Techniken Management des Backlogs, Kano-Analyse, Priorisierung mit MoSCoW.

Vier Prinzipien für das Wie? und Wann?

Und nein, im Titel hat sich kein Schreibfehler eingeschlichen. „Business Analysten werden agil und sehen aufs Ganze“ klingt wohl weniger dramatisch 😉

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