Produktmanagement richtig organisieren!

Häufig erreichen mich Fragen zur organisatorischen Verankerung des Produktmanagements im Unternehmen. Dabei geht es weniger um konkrete Rollenbezeichnungen oder Abteilungsnamen, sondern vielmehr um die praxistaugliche Verankerung und lösungsorientierte Umsetzung der Produktmanagement-Verantwortung in der bestehenden Aufbauorganisation. Sicherlich gibt es auch hierzu kein generelles richtig oder falsch. Vielmehr kommt es darauf an, wie konsequent die Verantwortung für einzelne Produkte oder ganze Produktportfolios im Unternehmen koordiniert und gelebt wird und wie stark Produktmanagement-Entscheidungen in das Tagesgeschäft eingreifen dürfen. Nicht zuletzt geben die bestehende Stellenorganisation und weitere Einflussfaktoren den Gestaltungsrahmen vor, innerhalb dessen sich Produktmanagement als Rolle bzw. Funktion entfalten kann (oder eben nicht).

Verankerung des Produktmanagements im Stab oder in den Fachbereichen oder beides?
Nähern wir uns dieser Fragestellung aus aufbauorganisatorischer Sicht. Falls die Entscheidung für einen Stab gefallen ist, ist die Anbindung an die Fachbereiche sicherzustellen. Zum Beispiel mittels eines Produktmanagement-Beraters im Stab und zusätzlichen Rollenträgern, den eigentlichen Produktmanagern oder Produktverantwortlichen in den Fachbereichen. Daneben kann es auch noch Produktowner oder Category-Manager geben, die in ihrer Rolleden Entscheidungsspielraum vorgeben bzw. als Sponsoren/Promotoren die Produktmanagement-Orientierung im Unternehmen vorantreiben. Durch ihre möglichst hohe hierarchische Anbindung in der Linienorganisation dienen sie darüber hinaus als Eskalationsinstanz bzw. -gremium, falls Produktmanagement-Entscheidungen über den disziplinarischen Weg herbeigeführt werden müssen. Der Produktmanagement-Berater trägt in dieser Strukturvariante mit seiner Methoden-Expertise zur erfolgreichen Verankerung und zielorientierten Ausrichtung des unternehmensweiten Produktmanagements bei. Die Produktverantwortlichen in der Linie tragen die eigentliche Verantwortung für Produktentscheidungen und deren Ergebniswirkung.

Eine alternative Strukturvariante ist die ohne eigene Stabsabteilung. Falls die fachlichen und methodischen Produktmanagement-Aufgaben nicht auf mehrere Schultern verteilt werden sollen, handelt es sich im Grunde um eine rein duale Struktur, das heißt, die Produktverantwortung und auch die methodische Produktmanagement-Expertise ist allein als zusätzliche Rolle in den Fachbereichen zu verankern. Dual deshalb, da sich das Produktmanagement quer über die am Produkterfolg beteiligten Fachbereiche legt und nicht wie in der klassischen Matrix-Organisation eine eigene Stelle vorsieht. Letzteres ist dann zu empfehlen, wenn der Aufgabenumfang und die Größenordnung des zu steuernden Produktportfolios eine separate Stellenbildung erfordern. Spätestens dann ist jedoch zu prüfen, ob auch die methodische Produktmanagement-Expertise in einem Stab zu bündeln ist, um Ineffizienzen aufgrund verteilter, unkoordinierter Aufgaben zu vermeiden (hierzu mein Beitrag Status Quo Produktmanagement).

Bleibt die Frage: Wer macht’s? Produktmanagement ist virtuell!
Bleibt die Frage, wem die Rolle des Produktmanagers bzw. des Produktverantwortlichen zuzuordnen ist. Schließlich müssen Produktportfolio relevante Entscheidungen nicht nur formuliert, sondern auch fachbereichsübergreifend akzeptiert und umgesetzt werden. Mit einer hohen Akzeptanz ist dann zu rechnen, wenn die Produktverantwortung als Stelle oder Rolle dort verankert ist, wo der direkte Kontakt zum Kunden besteht (z.B. im Key-Account/Kunden-Management, im Vertrieb oder Marketing) bzw. dort, wo die meisten am Produkterstellungsprozess beteiligten Mitarbeiterkapazitäten gebündelt sind oder die offensichtlich größte Produktexpertise sitzt. Am besten also dort, wo alle diese Kriterien zusammentreffen. Da letzteres aufgrund notwendiger Arbeitsteilung eher selten der Fall sein wird, spricht vieles für ein Team aus Kunden-/Branchenverantwortlichen und Produktmanagern bzw. -verantwortlichen. Die Abstimmung dauert zwar länger, kann aber durch Eskalationsmechanismen und Entscheidungsgremien abgefedert und beschleunigt werden und ist somit für alle Beteiligten akzeptiert und verbindlich. Ein solches Team entsteht situativ, kommt also auftrags- bzw. projektbezogen zusammen und koordiniert sich selbst. Es handelt sich somit um eine virtuelle Organisationsform, die sich je nach Bedarf bildet und wieder auflöst (hierzu das Interview Herausforderung Produktmanager).

3 Kommentare

  1. Ich habe eine Frage bezüglich des „Verantwortlichkeitsbereiches“ eines Produktmanagers. Nehmen wir beispielsweise die Automobilindustrie. Der Produktmanager von Fahrzeug „A“ ist laut theoretischer Definition für den gesamten Produktlebenszyklus verantwortlich, heisst von der Konzipierung, über Produktion bis hin zur Vermarktung und Verkauf.

    In diesem konkreten Beispiel, welchen Einfluss hat der Produktmanager auf die Produktion des Fahrzeuges oder auf den Verkauf durch die Autohäuser? Da sind sicher andere Personen für diese Prozesse verantwortlich oder nicht? In welchem Fachbereich sind die Produktmanager angesiedelt? Gibt es Schnittstellen zur Produktion, Verkauf und Marketing?

    1. Lieber Herr Meier,

      zunächst einmal vielen Dank für Ihren Kommentar und die konkrete Fragestellung. Auf persönlichem Wege fällt meine Antwort natürlich ausführlicher aus, als es über diesen Blog erfolgen kann. Einige Ideen und Vorschläge aus der Praxis möchte ich jedoch geben. Und ich hoffe sie helfen Ihnen weiter.

      Laut „theoretischer Definition“ trifft es meiner Ansicht nach sehr gut. Produktmanager sind auf dem Papier (lt. Stellenbeschreibung) oftmals tatsächlich für den gesamten Produktprozess verantwortlich. Aber was bedeutet das? Der Produktmanager, wie Sie ihn skizzieren, arbeitet weder in der Produktion, noch verkauft er Autos. Trotzdem steht in seiner Zielvereinbarung ein Umsatz-/Stückzahl oder Renditeziel, das ein Eingriff in eben diese (Fach)bereiche erforderlich macht. Falls die Stelle oder Rolle des Produktmanagers in der Produktentwicklung, im Stab oder einem Zentralbereich/Corporate Center verankert ist, so muss der Produktverantwortliche mit einer direkten hierarchischen Macht oder zumindest mit einer indirekten Durchsetzungskraft mittels Eskalationsprinzip ausgestattet sein. Was passiert z.B., wenn die Produktion andere Produkte gegenüber dem Fahrzeug A bevorzugt (aus welchen Gründen auch immer), oder wenn die Autohäuser geschulte Verkaufsmaßnahmen nicht umsetzen bzw. das Marketing die angeordneten Flyer an die Kunden nicht versendet? Der Produktmanager alleine kann diese Komplexität nicht beherrschen. Konsequenterweise braucht es Ziele bzw. interne Vereinbarungen zwischen den liefernden und empfangenden Bereichen, sog. OLA’s – Operational Level Agreements (vergleichbar mit SLA’s im Außenverhältnis mit ext. Dienstleistern). OLA’s können jedoch im Innenverhältnis nicht wie SLA’s vor Gericht eingeklagt werden (und das ist auch gut so!). Hierarchische Macht und/oder Eskalationsmechanismen müssen herhalten. Schnittstellen müssen geklärt werden, der Produktmanager schlüpft dann in die Rolle des Prozessverantwortlichen. Verkaufshäuser und Produktion müssen sich wahrscheinlich nicht treffen. Eine Koordination zwischen diesen Bereichen ist jedoch zwingend erforderlich, man z.B. denke an die Einhaltung von Auslieferungsterminen und Termintreue. Hier hat der Produktmanager eine klare Koordinationsfunktion/-verantwortung. Er ist für die Plattform verantwortlich, die diese Koordination sicherstellt. Um klare und für alle transparente Zuständigkeiten und Abläufe definieren zu können, bieten sich formale Hilfsmittel an. Funktionen- bzw. Kompetenzdiagramme, in denen die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten (AKV-Prinzip) festgehalten werden und skizzierte, verbindliche Prozessschritte in Form einer Bereichs übergreifenden Swimlane unterstützen die Steuerung.

      Ich hoffe, die Ideen und Vorschläge beantworten Ihre Fragen. Selbstverständlich freue ich mich auf weitere Fragen, Anmerkungen und insbesondere Erfahrungsberichte aus Ihrem Praxisumfeld.

      Viele Grüße
      Christian Konz

  2. Ich danke Ihnen für den interessanten Artikel. Eine gute Organisation ist besonders bei Unternehmen sehr wichtig.
    Mit besten Grüßen,
    Jan

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