Weiterbildung steht vor grundlegenden Veränderungen. Zentrale neue Lernansätze wie New Learning, der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI), aber auch schon ältere Trends wie informelles Lernen verändern grundlegend, wie Menschen und Organisationen künftig lernen und sich weiterentwickeln werden. In diesem Artikel werden einige der wichtigsten Trends aufgriffen und anhand des Fachbereichs Prozessmanagement aufgezeigt, wie sich Lernprozesse ändern.
Weiterbildung als kontinuierlicher Prozess
Die klassische Weiterbildung stößt zunehmend an ihre Grenzen: Kurze Präsenzseminare vermitteln zwar theoretisches Wissen, bieten aber oft nur eine begrenzte Praxisrelevanz und ermöglichen selten eine langfristige Wissensverankerung im Arbeitsalltag. Laut einer PwC-Studie sehen 74 Prozent der CEOs Weiterbildung als entscheidenden Faktor für die Zukunftsfähigkeit ihres Unternehmens, gleichzeitig bestätigen Untersuchungen von McKinsey, dass traditionelle Lernformate nur selten nachhaltige Erfolge bringen.
Zukünftige Weiterbildung muss daher zunehmend als kontinuierlicher Prozess zur Qualifizierung verstanden werden, der über reine Wissensvermittlung hinausgeht und stärker auf die individuelle Entwicklung und Reflexion setzt. Trainerinnen und Trainer agieren dabei immer weniger als Wissensvermittler, sondern zunehmend als Lernbegleiter und Coaches, die über längere Zeiträume hinweg individuell unterstützen. Adaptive Lernplattformen, die durch KI-Methoden individuelle Lernbedarfe analysieren und personalisierte Lernpfade vorschlagen, können diesen Prozess maßgeblich unterstützen (Fraunhofer Studie zu neuen Technologien in der Weiterbildung). Insbesondere adaptive Lernsysteme ermöglichen es, Lernende genau dort abzuholen, wo sie in ihrem individuellen Lernprozess stehen.
Laut der Bitkom Weiterbildungsstudie 2024
- haben 64% der Befragten Interesse an KI-gestützten Trainingsformaten,
- fällt 73% Lernen mit neuen Lernformaten leicht,
- würden 20% bei der Wahl der Weiterbildung eher der KI als der eigenen Führungskraft vertrauen,
- glauben aber 60% auch, dass KI bewährte Formate nicht ersetzen wird.
Informelles Lernen – Wissen entsteht in der Praxis
Die Bedeutung des informellen Lernens im beruflichen Umfeld nimmt ebenfalls kontinuierlich zu. Untersuchungen zeigen, dass etwa 68 Prozent des Lernens im beruflichen Alltag informell stattfinden (eLearning Journal) – beispielsweise in Gesprächen unter Kolleginnen und Kollegen, bei spontanen Problemlösungen oder im Rahmen informeller Austauschrunden. Dieses informelle Lernen ist besonders wirksam, da es unmittelbar mit realen Herausforderungen verbunden ist und so eine hohe Praxisrelevanz besitzt.
Für Weiterbildungsanbieter besteht die Herausforderung darin, informelle Lernmomente gezielt sichtbar und nutzbar zu machen. Dies gelingt unter anderem durch virtuelle Communities, Peer-to-Peer-Netzwerke oder moderierte Lerngruppen, die informellen Austausch bewusst fördern und verstärken. Auf genau solche Formate setze ich auch in meinen Beratungsprojekten zur Einführung von Prozessmanagement, wobei der Aufbau solcher Netzwerke noch mal einen eigenen Artikel wert wäre.
Künstliche Intelligenz: Unterstützung statt Ersatz
KI-Technologien werden Trainerinnen und Trainer nicht ersetzen, sondern vielmehr ergänzen und unterstützen. Gerade im Bereich des Prozessmanagements können KI-Tools heute schon zunehmend Routineaufgaben wie einfache Prozessmodellierungen oder erste Prozessanalysen übernehmen. Als Trainer werden wir lernen müssen, mit diesen Entwicklungen umzugehen – wobei viele Organisationen noch über viele Jahre auf „althergebrachte“ Art und Weise Prozesse modellieren, analysieren und optimieren werden.
Andere Unternehmen sind hier agiler und adaptieren solche neuen Möglichkeiten viel schneller. Im Training müssen wir den Erwartungen beider Zielgruppen gerecht werden. Der Einsatz von KI-Lösungen auf unser ibo-eigenen Lernplattform ibo netCampus kann uns künftig dabei helfen, durch zunehmend individualisierte Lerninhalte und Übungen noch besser damit umzugehen.
Datenkompetenz und Personalisierung – neue Kompetenzen für Prozessmanager
Die fortschreitende Digitalisierung fordert umfassende Datenkompetenzen im Prozessmanagement. Laut einer Studie von McKinsey sind datengetriebene Entscheidungen wesentlich für langfristigen Unternehmenserfolg. Prozessmanagerinnen und Prozessmanager benötigen künftig Fähigkeiten zur Analyse komplexer Daten sowie zum Umgang mit modernen Analysetools wie beispielsweise Camunda Optimize.
Parallel dazu ermöglicht KI eine bislang unerreichte Personalisierung des Lernens. Individuelle Lernziele, Vorkenntnisse und Präferenzen können von KI-Systemen analysiert und genutzt werden, um maßgeschneiderte Lernangebote zu schaffen. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts sind personalisierte Lernpfade erheblich wirksamer, da sie kontinuierlich auf die Bedürfnisse und Entwicklungen der Lernenden eingehen.
Nachhaltiges Lernen als Prozess
Nachhaltiges Lernen entsteht durch ein bewusstes Wechselspiel aus Wissenserwerb, praktischer Anwendung, Reflexion und kontinuierlicher Anpassung. Lernprozesse sind unserer Erfahrung nach dann besonders nachhaltig, wenn sie aktiv gestaltet, regelmäßig reflektiert und konsequent in die tägliche Arbeit integriert werden. Der Einsatz von Methoden wie projektbasiertem Lernen, Micro-Experimenten oder Simulationen und Planspielen, bei denen Teilnehmende konkrete Probleme bearbeiten, fördert eine tiefere Verankerung des Gelernten.

Selbstgesteuertes und kollaboratives Lernen – Neue Norm der Weiterbildung
Eigenverantwortliches und kollaboratives Lernen etabliert sich zunehmend als Standard. KI-Tools unterstützen Lernende dabei, individuelle Lernpfade zu entwickeln und ihre Lernziele konsequent zu verfolgen. Gleichzeitig fördern kollaborative Formate wie Peer-to-Peer-Learning, Learning Circles oder Communities of Practice den intensiven Austausch unter Lernenden und unterstützen so den nachhaltigen Wissensaufbau. Diese kollaborativen Lernformen sind besonders wirksam, da sie den sozialen und praxisnahen Austausch in Organisationen gezielt stärken.
Die ibo-Lernzieltaxonomie für gezielte Kompetenzentwicklung
In der ibo Akademie nutzen wir eine vierstufige Lernzieltaxonomie, um nachhaltiges Lernen systematisch zu fördern:
- Wissen und Verstehen: Inhalte klar aufnehmen und nachvollziehen.
- Anwenden und Können: Gelerntes unmittelbar praktisch einsetzen und in realen Situationen erproben.
- Bewerten und Übertragen: Inhalte kritisch reflektieren und auf neue Kontexte übertragen.
- Reflektieren und Entwickeln: Kontinuierliche Reflexion für nachhaltige persönliche und fachliche Weiterentwicklung.
Diese Taxonomie unterstützt nachhaltige Lernprozesse gezielt und wird zunehmend durch KI-gestützte Tools ergänzt, die Reflexion und Lerntransfer aktiv fördern.

Fazit und Ausblick
Die Weiterbildung im Bereich Prozessmanagement verändert sich nachhaltig. Neue Lernansätze, informelle Lernmethoden, personalisierte KI-Systeme und weitere Technologien eröffnen völlig neue Perspektiven für effektives Lernen und nachhaltigen Kompetenzaufbau. Hinzu kommen Herausforderungen wie der zunehmende Fachkräftemangel und die steigende Bedeutung von Soft Skills und Führungskompetenzen, die Weiterbildung zusätzlich strategisch relevant machen.
Der Erfolg zukünftiger Weiterbildungsangebote liegt darin, Lernprozesse als kontinuierliche, individuell begleitete Entwicklungswege zu verstehen und gezielt zu fördern. Weiterbildung wird somit entscheidend dafür sein, Mitarbeitende zu gewinnen, langfristig zu binden und gezielt auf eine zunehmend daten- und technologiegetriebene Arbeitswelt vorzubereiten.

Wie hat sich Dein Lernprozess gewandelt? Schreibe mir gerne einen Kommentar!
Christian Kretschmer
Prozessmanagement Trainer und Berater
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