Personalbedarfsrechnung im Homeoffice
Arbeitszeit, Freizeit, Verteilzeit, Reisezeit, Ruhezeit, Qualitätszeit… Es gibt viele Zustände, mit denen man Zeiten benennen kann.
Ich liege auf der Couch und schaue einen Krimi im Fernsehen. Der ist nur so mittelmäßig spannend und ich fange an, über meinen nächsten Blogbeitrag nachzudenken.
Was ist das für eine Zeit? Ruhezeit wegen der Couch oder Fernsehzeit wegen des Krimis oder Arbeitszeit wegen des Blogbeitrags? Und warum macht man überhaupt diese Abgrenzung? Wie wird Verteilzeit im Homeoffice berechnet?
Mit einer Personalbedarfsrechnung soll die Frage geklärt werden, wie viele Kapazitäten es zur Erledigung bestimmter Aufgaben braucht. Eine Personalbedarfsrechnung ist folglich die Bestimmung des Bedarfs an personellen Kapazitäten, der in einem Unternehmen momentan und zu einem zukünftigen Zeitpunkt in quantitativer und qualitativer Hinsicht besteht, um die geplanten Aktivitäten durchführen zu können.
Was versteht man unter Verteilzeit?
Verteilzeiten sind alle während der Arbeitszeit aufgewendeten Zeiten, die nicht unmittelbar zur Erfüllung der konkret übertragenen Aufgabe genutzt werden. Der Begriff Verteilzeit dient also der Abgrenzung dieser Zeiten von der eigentlichen Produktivzeit. Üblicherweise trennt man Verteilzeit in persönliche und sachliche Verteilzeit.
Persönliche Verteilzeit
Zur persönlichen Verteilzeit gehören:
- Kaffee holen
- Kaffee wegbringen
- Persönliche Gespräche
- Entspannungszeiten außerhalb der Pause
Sachliche Verteilzeit
Die sachlichen Verteilzeiten werden häufig noch in planbare und unplanmäßige Unterbrechungen unterteilt. Zu den planbaren sachlichen Verteilzeiten können u. a. gehören:
- Posteingang bearbeiten
- Dienstliche Telefonate
- Lesen von Rundschreiben, Fachliteratur, Regelungen
- Teilnahme an Tagungen
Zu den unplanmäßigen sachlichen Verteilzeiten gehören:
- IT-Störungen
- Störungen im Produktionsablauf
- Besuche und Telefonate, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Fachaufgabe stehen
Hinweis zum Organisationshandbuch des Bundes (BMI)
Ein wichtiger Hinweis für diejenigen unter Ihnen, denen das Organisationshandbuch des Bundes als Grundlage dient: In der neuen Version des PBE-Leitfadens vom 25. August 2021 wird nur noch von unplanmäßigen sachlichen Verteilzeiten gesprochen. Planbare sachliche Verteilzeiten hingegen sind nach der neuen Empfehlung immer in einen Zusammenhang mit einer Fachaufgabe zu stellen, gelten also als sogenannte Zusammenhangstätigkeiten.
Soviel zu den Grundlagen.
Verteilzeit im Homeoffice
Versuchen wir über die im Titel gestellte Frage zu einer Einschätzung davon zu kommen, wie hoch oder niedrig die Verteilzeiten im Homeoffice sind.
Der Onlinehandel boomt. In Deutschland bekam im Jahr 2021 eine Person im Schnitt 54 Pakete. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass auch Ihnen die folgende Situation vertraut ist. Sie sind im Homeoffice und der Paketbote klingelt. Vermutlich ignorieren Sie das Klingeln nicht und öffnen die Tür. Wer kennt das nicht aus Meetings: Auf einmal springt eine Kollegin oder ein Kollege hektisch auf und murmelt „Ich muss nur mal kurz die Tür öffnen, bin gleich wieder da.“
Die Frage „Sind Paketboten Arbeitskollegen?“ macht die Absurdität des Ganzen ein Stück weit deutlich. Denn die Tür zu öffnen, um ein Paket in Empfang zu nehmen, ist natürlich keine Arbeitszeit und demnach auch nicht als Verteilzeit zu betrachten. Verteilzeit (in diesem Fall persönliche Verteilzeit) wäre es, wenn Sie mit dem Paketboten private Gespräche führen würden. Da der Satz „Bitte hier unterschreiben“ aber nicht ausreicht, um als privates Gespräch zu gelten, ist das Annehmen eines Paketes also auch keine Verteilzeit.
Vergleich zur Verteilzeit im Büro
Weiten wir den Blick von diesem für viele von Ihnen vermutlich sehr gut nachvollziehbaren Beispiel und schauen uns im Detail an, worin sich die Verteilzeit im Homeoffice im Vergleich zur Verteilzeit im Büro unterscheidet.
Art der Verteilzeit | Einschätzung |
---|---|
Kaffee holen und wegbringen | Geht vermutlich im Homeoffice schneller, da die Kaffeemaschine näher am Arbeitsplatz ist als im Büro. |
Private Gespräche | Gelten im Homeoffice ebenfalls als Verteilzeit, aber nicht mit allen Personen (siehe Paketbote). Wahrscheinlich ist die aufgewendete Zeit im Homeoffice mangels Möglichkeiten niedriger. Auf der anderen Seite kommen neue Chat-Austauschformate dazu, die dies wieder konterkarieren. |
Wegezeiten | Sind im Homeoffice niedriger, da Bürogebäude in der Regel größer sind, als der eigene Wohnbereich. |
IT-Störungen | Können sowohl im Büro als auch im Homeoffice auftreten. Die Zeiten sind als gleich anzusehen. |
Ungeplante Besuche | Mit ungeplanten Besuchen von Kolleg:innen ist im Homeoffice nicht zu rechnen. Kurze Besuche aus dem persönlichen Umfeld gelten als persönliche Verteilzeit. Aber auch hier ist nicht der Paketbote gemeint. |
Ungeplante Telefonate | Sind als gleich zeitintensiv anzusehen. |
Fazit – Was bedeutet dies für meine Soll-Personalplanung?
Wie in der Auflistung ersichtlich wird, gehen wir davon aus, dass der Verteilzeit-Anteil im Homeoffice tendenziell eher niedriger als am Arbeitsplatz im Büro ist. Da wir im Moment mit einer Vielzahl von Arbeitsmodellen und flexiblen Einsatzmöglichkeiten umgehen, ist es notwendig, diese auch bei der Festlegung der Verteilzeithöhe zu berücksichtigen.
Um Ihren Stellenbedarf seriös zu berechnen, müssen Sie sich Gedanken über die Höhe der Verteilzeit machen, mit der Sie rechnen. Entweder verwenden Sie einen Pauschalansatz oder Sie erheben die Verteilzeiten. In beiden Fällen ist es wichtig, die dahinterliegenden Einsatzorte der Kolleg:innen zu beachten. Dann können Sie demnächst nicht nur antworten „Nein, der Paketbote ist kein Arbeitskollege!“, sondern sie können auch eine wohl begründete Antwort auf die häufig gestellte Frage geben, ob die Verteilzeit im Homeoffice höher oder niedriger ist.
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