Umgang mit Veränderung – keine Frage des Alters

Dass sich ältere Menschen gegen Veränderungen wehren ist ein weit verbreitetes Stereotyp, das durch neueste Untersuchungen der Universität Münster widerlegt werden kann. Prof. Dr. Guido Hertel hat in seinem sechsjährigen Projekt „Altersdifferenzierte Arbeitssysteme“ aufgezeigt, dass Widerstände gegen Veränderungen nicht mit dem Lebensalter an sich zusammenhängen, sondern mit dem Zeitraum, den ein Mitarbeiter an einem Arbeitsplatz zugebracht hat. Dies gilt auch für die oft zitierte Lernmüdigkeit, die bei Älteren im Wesentlichen von der Frage abhängt „Was bringt mir das neue Wissen überhaupt noch?“

Daraus lassen sich aus unserer Sicht zwei Forderungen ableiten:
1. Um die grundsätzliche Veränderungsbereitschaft beim einzelnen Mitarbeiter zu erhöhen, müssen aktuelle Veränderungen in allen Bereichen des Unternehmen bewußt kommuniziert werden. Mitarbeiter sollen erkennen, dass im Unternehmen  täglich Veränderungen stattfinden und diese erfolgreich gemanagt werden. Der sich aus der Studie unmittelbar ableitende Ansatz, durch erzwungene Arbeitsplatzwechsel innerhalb des Unternehmens die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter zu erhöhen, wird meist pardoxerweise an dem Widerstand scheitern, den man durch diese Maßnahme zu vermindern versucht. Ganz zu schweigen von den sich daraus ergebenden organisatorischen und arbeitsrechtlichen Implikationen. Alternativ wäre hier zu überlegen, ob ein Einsatz dieser Mitarbeiter in Projekten machbar wäre, da der Schluss nahe liegt, dass der temporäre Wechsel der Tätigkeit und die Beschäftigung mit Veränderungen auch die persönliche Veränderungsbereitschaft erhöhen könnte.

2. Die Frage nach dem Sinn der Veränderung muss für alle Betroffenen unmissverständlich und in ihrer Sprache beantwortet sein. Damit meine ich, dass es nicht reicht, allgemeine Floskeln in Manager-Deutsch zu verbreiten, sondern eine spezifische und zielgruppenorientierte Sprache zu verwenden ist. Ein hilfreicher und von uns in Change-Management-Projekten gerne praktizierter Ansatz ist es, Führungskräfte ihre Ziele und die Gründe für die Veränderung in ihren eigenen Worten beschreiben zu lassen und diesen Text anschließend den direkten Mitarbeitern der Führungskraft auszuhändigen. Die Aufgabe der Mitarbeiter besteht nun darin, ihre persönlichen Bedeutungszuschreibungen und die daraus resultierenden Fragen der Führungskraft zu spiegeln. Sie können sich vielleicht vorstellen, zu welch interessanten Diskussionen und Ergebnissen das meist führt.

Ein weiteres Instrument für die innere Auseinandersetzung des Managements mit der Veränderung und Basis für ein daraus folgendes Change Management-Konzept ist die Change Story (Rüttger/Hüllen 2008), die folgende Fragen beantwortet:

Frage 1: Wo steht das Unternehmen? (Current State)
Frage 2: Warum muss sich das Unternehmen ändern? (Veränderungsgründe)
Frage 3: Wohin wird sich das Unternehmen entwickeln? (Future State)
Frage 4: Wie wird das Unternehmen die neue Situation erreichen? (Der Weg der Veränderung)
Frage 5: Was bedeutet das für die Mitarbeiter? (Veränderungskonsequenzen)
Frage 6: Was bleibt nach der durchgeführten Veränderung wie vorher? (Bewahrungslandkarte)

Die Entwicklung einer Change Story sollte die vordringlichste Aufgabe für das Management und die Entscheider zu Beginn eines Change-Projektes sein, denn dadurch werden zwei kritischen Erfolgfaktoren für Change Management erfüllt:

  • „Aufmerksamkeit durch das Management“
  • „Vision und Strategie der Veränderung kommunizieren“

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2 Kommentare

  1. Lieber Herr Eichhorn,

    Danke für den guten Artikel.
    Ich möchte Ihrer zweiten Förderung uneingeschränkt zustimmen. Leider kommt die Kommunikation an Mitarbeiter (oder auch Projektpartner oder Kunden) häufig etwas zu spät.
    Bei der ersten Förderung möchte ich etwas Skepsis äußern: Nicht jeder Mitarbeiter ist für Projektarbeit geeignet, nicht jeder Mitarbeiter hat in seiner Tätigkeit Raum für Projektarbeit. Um so spannender finde ich es, genau das trotzdem auszuprobieren.

    Herzliche Grüße,

    Linus Haferkemper

    1. Lieber Herr Haferkemper,

      ich bin bei Ihnen, inbesondere bei Ihrem letzten Satz. Wenn die Organisation den Willen und die Bereitschaft hat, finden sich für die meisten Mitarbeiter auch Themen für Projektarbeit. Es muss ja nicht gleich einen Leitungsaufgabe sein. Übrigens finde ich den Ansatz einiger Unternehmen interessant, Projektmanamgement in die Führungskräfteentwicklung zu integrieren.

      Herzliche Grüße zurück
      Christian Eichhorn

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